Ein Rückblick auf 85 Jahre wechselvolle Geschichte
Der Flughafen Schönefeld hat eine bewegte Vergangenheit: Zu DDR-Zeiten wurden hier prominente Fluggäste wie Leonid Breschnew oder Fidel Castro empfangen. Nach der Wende galt Schönefeld als Bastion der Billigflieger, bis er 2020 in den Großflughafen Berlin Brandenburg (BER) integriert wurde. Seit Februar 2021 ist der Betrieb bis auf Weiteres eingestellt, da die Corona-Pandemie die gesamte Flugbranche stark in Mitleidenschaft gezogen hat. Ob und wann vom Flughafen Schönefeld wieder Maschinen starten werden, ist derzeit noch ungewiss.
Im Oktober 1934 siedeln sich in Schönefeld die Henschel Flugzeug-Werke an, die eng in die nationalsozialistische Kriegs-Industrie eingebunden sind. Bis zum Kriegsende werden hier rund 14.000 Militär-Flugzeuge gebaut. Im April 1945 werden die Flugzeug-Werke während der Schlacht um Berlin von sowjetischen Truppen besetzt.
Im Jahr 1946 verlagern die sowjetischen Luftstreitkräfte ihren Stützpunkt von Johannisthal nach Schönefeld. Noch im selben Jahr nimmt die zivile Luftlinie Aeroflot ihren Betrieb auf, sie bietet unter anderem Direktflüge nach Moskau an. 1947 ordnet die sowjetische Militär-Administration den Bau eines zivilen Flughafens an.
Zu DDR-Zeiten floriert der Flughafen Schönefeld: Die ostdeutsche Fluggesellschaft Interflug fliegt zu ihren Glanzzeiten 53 Ziele in 4 Kontinenten an. Auch Staatschef Erich Honecker bricht von hier aus zu Staatsbesuchen auf. Fortschrittlich ist für die damalige Zeit die Verkehrsinfrastruktur, denn der Flughafen wird sukzessive an das Schienennetz und den öffentlichen Nahverkehr angebunden.
1963 geht auch eine Buslinie von Charlottenburg in Westberlin nach Schönefeld in Betrieb. Der Flughafen Schönefeld wird dadurch zunehmend unter Westdeutschen beliebt. Denn die DDR-Fluggesellschaft Interflug ist unschlagbar günstig, die Flüge kosten oft um einige hundert Mark weniger als in Westberlin. Um DDR-Bürger an einer unerlaubten Ausreise zu hindern, werden die Westberliner Fluggäste mit Transitbussen streng getrennt von ostdeutschen Passagieren abgefertigt.
Nach der Wende steht der ehemalige DDR-Zentralflughafen plötzlich in Konkurrenz zu den nahe gelegenen Flughäfen Tegel und Tempelhof. Die Passagierzahlen sinken stark, Schönefeld wird hauptsächlich für Charterflüge genutzt. 1996 beschließen Bund und Länder den Bau eines neuen internationalen Airports auf dem Areal des Flughafens Schönefeld - der spätere Flughafen Berlin Brandenburg (BER). Aufgrund von Anrainer-Protesten und anderen Schwierigkeiten geht es mit der Umsetzung der Pläne jedoch nur schleppend voran.
Im April 2004 siedelt sich die britische Low-Cost-Fluglinie easyJet am Flughafen Berlin Schönefeld an. Auch die deutsche Billigflug-Gesellschaft Germanwings nutzt Schönefeld seit 2005 als Basisflughafen. Die günstigen Preise und die Non-Stop-Verbindungen in beliebte Feriendestinationen wirken als Besuchermagnet: 2005 verzeichnet Schönefeld um 50 Prozent mehr Passagiere als im Jahr zuvor, im Vergleich zu den konkurrierenden Flughäfen Tegel und Tempelhof eine beträchtliche Steigerung!
Das Angebot wird von Beginn an gut angenommen, denn der Bedarf an günstigen Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe zum Flughafen Schönefeld ist enorm. Familienmitglieder und Mitarbeitende werden in den kommenden Jahren alle Hände voll zu tun haben, um Urlaubs- und Geschäftsreisenden einen entspannten Reisebeginn zu ermöglichen.
Denn das rasante Wachstum hält an: Zwischen 2005 und 2010 vervierfacht sich die Zahl der Fluggäste in Schönefeld auf 7,3 Millionen jährlich, der Anteil der Low-Cost-Flüge liegt dabei bei mehr als 80 Prozent.
Jahr für Jahr legen in Schönefeld die Fluggastzahlen zu: Sind es 2015 noch 8,5 Millionen, so wird 2016 bereits die 10-Millionen-Grenze überschritten. 2017 konnte einen Rekordwert von 12,9 Millionen Passagieren erzielt werden. Die Flughafen-Infrastruktur kann mit diesem rasanten Wachstum nur bedingt Schritt halten. In Kundenumfragen beklagen Fluggäste den veralteten baulichen Zustand des Flughafens sowie die langen Wege zu den Parkplätzen. Der Aufsichtsrat genehmigt 2015 ein 65-Millionen-Euro-Paket, um den Flughafen zu erneuern und zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.
Ende Oktober 2020 geht - mit einigen Jahren Verspätung - der neue Hauptstadt-Flughafen Berlin Brandenburg (BER) in Betrieb. Für den Flughafen Schönefeld bedeutet das sowohl Ende als auch Neubeginn, denn der alte DDR-Airport ist als Terminal 5 Teil des Großflughafens geworden. Eine Start- und Landebahn sowie das alte Abfertigungsgebäude sollen in Betrieb bleiben, um für steigende Fluggastzahlen gerüstet zu sein.
Doch die Corona-Pandemie durchkreuzt die Pläne der Flughafengesellschaft. Im Jahr 2020 sinken die Passagierzahlen aufgrund der Reisebeschränkungen auf etwa 9 Millionen - ein Jahr zuvor waren es noch 4 mal so viel. Zum Vergleich: Das neue Haupt-Terminal 1 des Flughafens BER ist für bis zu 27 Millionen Passagiere ausgelegt. Die zusätzlichen Kapazitäten des ehemaligen Flughafens Schönefeld werden somit vorerst nicht mehr benötigt.
Zwar werden heute am Flughafen Schönefeld keine Fluggäste mehr abgefertigt. Trotzdem herrscht in den Hallen wieder reges Treiben, denn ein Teil des Areals wurde zum Impfzentrum umfunktioniert. In einem rund 1.300 Quadratmeter großen Bereich im ehemaligen Terminal-Abschnitt M können sich Berlinerinnen und Berliner ihre Corona-Impfung abholen.
Im März 2022 hat der ehemalige DDR-Airport seine Pforten außerdem für Flüchtlinge aus der Ukraine geöffnet. Ebenso wie am früheren Flughafen Tegel wurden Feldbetten und mobile Sanitäranlagen errichtet, um den Menschen nach ihrer Ankunft in Deutschland eine erste sichere Notunterkunft zu bieten.
Quellen: